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Jahresbericht

über

sämmtliche Erscheinungen auf dem Gebiete der Geschichte

der Philosophie

in Gemeinschaft mit

0. Apelt, Clemens Baeumker, Ingram Bywater, Alessandro Chiapelli, Wilhelm Dilthey, A. Dyroff, Benno Erdmann, H. Lüdemann, Martin Schreiner, Andrew Seth, Paul Tannery, Felice Tocco, E. Wellmann und Wilhelm Windelband

herausgegeben.

von

Ludwig Stein.

I.

Die deutsche Litteratur über die Vorsokratiker

1894 bis 1900.

Von

E. Wellmann in Berlin.

TH. GOMPERZ. Griechische Denker. Eine Geschichte der antiken Philosophie. 1. Bd., Leipzig 1896. VI, 478 S. gr. 8°. (Fortsetzung. Vgl. Arch. VIII, 284–290.)

4. Capitel. Anaxagoras. S. 168-182. In den Voraussetzungen wie in den Ergebnissen seiner Forschung dem Empedokles verwandt, bildet A. zu ihm den stärksten Contrast durch seinen nüchternen Verstand, die starre Folgerichtigkeit seines Denkens, die Schlichtheit und Objectivität seiner Darstellung. Er besass eine hohe deductive Begabung, einen mächtig entwickelten Causalitätssinn, aber zugleich einen auffälligen Mangel an gesunder Intuition. Von den Eleaten ist er ganz unberührt geblieben.

5. Capitel. Empedokles. S. 188-204. E. ist eine unruhige, lebhafte, schwer zu beurtheilende Persönlichkeit, in der das echte Gold gediegenen Verdienstes mit dem Flittergold wesenloser Ansprüche seltsam gemengt ist, durch seinen Hang zur Schaustellung und zur Aeusserlichkeit ein echter Sicilier. Als Philosoph ist er nicht weniger Anthropologe als Kosmologe, als Naturforscher eher Physiologe, Chemiker und Physiker als Astronom und Mathematiker. Drei Grundgedanken der modernen Chemie 8

Archiv f. Geschichte d. Philosophie. XV. 1.

treten zuerst bei ihm deutlich hervor: die Annahme einer beschränkten Zahl von Urstoffen, die Voraussetzung von mannigfachen Verbindungen dieser Stoffe untereinander und die Anerkennung wechselnder Proportionen dieser Verbindungen. Die von ihm aufgestellte Lehre von den vier Elementen verwechselt Grundformen des Stofflichen, Zustände und Vorgänge, mit den Grundstoffen selbst; trotzdem war diese Scheinwissenschaft von unermesslichem Werthe, denn aus dieser Larve konnte sich die echte Wissenschaft entpuppen. Seine Sinnespsychologie betont die wechselseitige Anziehung des Gleichen durch das Gleiche. Seine Ansichten über die Entstehung des organischen Lebens machen ihn zu einem Vorläufer Darwins und Goethes. Seine Allbeseelungstheorie ist ein gesteigerter Hylozoismus. Die merkwürdige Seelenphysik des E. neben seiner Seelentheologie hat ihr Seitenstück schon in Homers Zwei-Seelentheorie, welche eine Hauchseele (7) und eine Rauchseele (Douós) unterscheidet; sie zeigt deutlich, dass er halb orphischer Mystiker, halb Naturforscher gewesen ist. Der Vorwurf des Eklekticismus trifft ihn weniger als der, dass seinem rastlosen Geiste die Geduld fehlte, die neuen von ihm ausgesprochenen Gedanken zu Ende zu denken. Dies erhellt besonders aus seinem Verhältniss zu den Eleaten.

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6. Capitel. Die Geschichtsschreiber. S. 205-218. Hekatäos und Herodotos stehen mit ihrer halb geschichtlichen Methode in der Epoche des Uebergangs zum Zeitalter der Aufklärung.

Drittes Buch. Das Zeitalter der Aufklärung.

Wie bei den Philo

1. Capitel. Die Aerzte. S. 221-254. sophen und den Historikern, so kam auch bei den Aerzten der kritische Geist zum Ausbruch; er schied aus der Naturerkenntniss das Element der Willkür aus und schuf durch gekräftigte Beobachtung ein Gegengewicht gegen haltlose Ausgeburten ausschweifender Phantasie und aprioristischer Speculation.

2. Capitel. Die atomistischen Physiker. S. 254-298.

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Die Atomistik war die reife Frucht an dem Baume der alten von den ionischen Physiologen gepflegten Stofflehre. Leukippos wurde

von Parmenides nicht beeinflusst, wohl aber von älteren namenlosen, vermutlich pythagoreischen Denkern. Sein Hauptverdienst beruht darauf, dass er eine Brücke schlug zwischen der Welt der Substanzen und der Welt der Phänomene, indem er die Qualitäten auf Quantitäten zurückführte. Demokrit war kein Skeptiker, eher ein Vorläufer Galileis, sofern er aus mechanischen Ursachen alles erklären wollte, ohne Rücksicht auf Zweckbegriffe. Seine Ethik erwuchs aus seiner atomistischen Weltanschauung und fand mit Recht selbst bei seinen Gegnern Bewunderung wegen ihrer Reinheit.

3. Capitel. Die Ausläufer der Naturphilosophie. S. 298-306. Diogenes von Apollonia, bei dem der Wirbel des Leukipp sich mit dem Nus des Anaxagoras so brüderlich vertragen muss, wie dieser mit dem Luftgott des Anaximenes, Hippon, Archelaos und Metrodoros von Lampsakos werden hier behandelt.

4. Capitel. Die Anfänge der Geisteswissenschaft. S. 306-331. Sie treten hervor in einer Reihe neuer Erscheinungen, in denen sich die Vorherschaft des Intellektualismus äussert. Es beginnt die berufsmässige Pflege der Redekunst, die Technik verdrängt die Empirie, Lehrbücher werden verfasst über alle möglichen Gegenstände. Man fragt nach den Anfängen der Cultur uud vertritt entweder eine organische oder eine mechanische Geschichtsansicht in dem Gegensatze der Natur und der Satzung. Die Reflexion bemächtigt sich auch des Gebietes der Religion, der Erziehung und äussert sich in politischen Reformentwürfen.

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5. Capitel. Die Sophisten. S. 331-351. Der Sophist des fünften Jahrhunderts war halb Professor halb Journalist, ein Honorar empfangender Lehrer der Jugend, meistens auch ein Vertreter der aufstrebenden Aufklärung. Platon zeichnet die Sophisten bald gröber, bald feiner, aber immer als Gegner. Richtig ist es, wenn er sie im Streite mit Sokrates den kürzeren ziehen lässt. Wo er sie mit grimmem Ernst angreift, sind aber gar nicht diese alten, echten Sophisten gemeint, sondern seine philosophischen Gegner, Schüler und Enkelschüler des Sokrates, vor allen Antisthenes. Ein böser Unstern hat über den Sophisten gewaltet:

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