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VIII.

Einige Corollarien des Simplicius in seinem Commentar zu Aristoteles' Physik (ed. Diels). 1129-1152 (contra Philoponum).

ར.

p.

Von

Prof. Dr. Joh. Zahlfleisch in Graz.

Nachdem Ar. seine Definition der Bewegung aufgestellt, zeigt er, dass es ewige Bewegungen gebe und begrenzte (S. 1130, 9ff.); aber, frägt Philoponus, woher hat Ar. die begrenzte Bewegung als eine der ewigen folgende hergenommen, da ja die Potenz ohne die Energie immer bestehe, die Potenz, welche für die Bewegung eine conditio sine qua non sei? Die Negation dieser Frage, d. h. die Unmöglichkeit, die begrenzte von der unbegrenzten Bewegung zu trennen, wird von Philop. auf folgende Art bewiesen. Jeder Begriff muss von dem Begriffnen her definirt werden. In Folge dessen muss auch für die Bewegung, sowohl für die κίνησις ἀναρχος, wie für die dp šovoz die nämliche Definition gelten (1139, 17). Wenn daher für die letztere das Bewegte als nothwendige Voraussetzung gilt, so muss das auch für die erstere Geltung haben. Somit muss die oùsía oùpavou für die Himmelsbewegung vorausgesetzt werden (24f.). Und nun gilt die Regel, dass nichts von dem, was als nothwendige Voraussetzung ein Anderes hat, ewig ist; also kann es auch keine ewige Bewegung geben, womit Ar.

Annahme von der ewigen Bewegung zurückgewiesen wäre. Oder man nimmt das Gegentheil von dem an, was Ar. wollte, man nimmt nämlich an, dass nicht ein bewegtes dvtídotov der Bewegung gegenüberliegt (es lässt sich diese Annahme wieder nur in der Weise schlichten, dass man den Begriff der Bewegung nicht ohne seine Merkmale setzen darf, also auch nicht ohne sein Gegenstück, die Welt oder die oùsía obgavo5. Freilich ist Ar. nicht zu dieser Ansicht vorgedrungen, hat es daher dem Philop. leicht gemacht, gegen ihn aufzutreten). Und Ar. selbst, sagt Philop. bei S. 1130, 29 bis 1131, 9, habe Potenz und Bewegung promiscue gebraucht. Darauf erwidert nun S. 1131, 9 ff. so ziemlich das Gleiche, was Philop. für seine eigene Behauptung zuletzt aus Ar. selbst herausgelesen hat; hernach (1131, 13 ff.) ist festzuhalten, dass auch der Umstand gilt, dass zwar überall in der Bewegung ein derselben Vorangehendes vorliegt, dass aber hier in dem Gebiete der ewigen Bewegung auch davon abgesehen werden kann. Denn hier ist immer Bewegung, nur bald diese, bald jene. Immer aber müsse man eine Potenz vor der Bewegung annehmen, wie z. B. die Sonne als Potenz gilt für die Bewegung des Stiers, wenn sie im Widder sich bewegt. Und während Philop. diese Bewegungsgleichzeitigkeit absolut nimmt, verhält sich die Sache doch insofern anders, als man, weit entfernt, die Unendlichkeit beider Verhältnisse vorauszusetzen, doch nebenbei ein fortwährendes Werden gelten zu lassen hat. Während nämlich, sagt S. 1132, 7 ff., Ar. wirklich bemerkt, dass mit dem Zustandekommen des Erfolges auch die Ursache, die spezifische Potenz, aufhört, darf man nicht behaupten, dass mit dem Fehlen der Bewegung auch die Potenz fehlt. M. a. W.: es will S. wohl die Behauptung des Ar. gelten lassen, dass die Potenz ewig ist, aber nicht die des Philop., welcher dem Ar. in die Schuhe schiebt, dass er eine Potenz jemals als nicht existirend hinstellen will. Dies wird 1132, 12 ff. noch weiter ausgeführt. S. legt aber weiter dar, dass man aus Ar. (201 a19, 201 b7) und aus Themistios herauslesen könne, dass Philop. Unrecht habe. Man muss nämlich, entgegen der Meinung des Philop. (bei S. 1133, 7-9), dass von dem Niedrigeren zum Höheren bei der Bestimmung des letzteren ausgegangen werde, umgekehrt von dem

Höheren zum Niedrigeren fortschreiten, also dass die Bestimmung des Letzteren in dem Ersteren enthalten ist, und dass man sich, wie Philop., aus den logischen Elementen nicht verleiten lasse, die Art als Hauptsache zu betrachten, um von dieser aus die Gattung zu bestimmen, sondern vielmehr umgekehrt. Denn wenn auch eine gegenseitige Bestimmung solcher Art vorkommt, so darf man diese Wechselseitigkeit doch nicht für die Definition auch gelten lassen.

Zweiter Einwand des Philop. 1133, 16ff., worin er wieder zu zeigen versucht, wie die Potenz eine endliche Macht ist, also dass Ar. mit seiner Behauptung von der ewigen Himmelskraft Unrecht habe. Denn, meint Philop., wenn man Feuer in einer ihm nicht zukommenden Region anzünde, ebenso wie Wasser, wenn es als Regen entsteht, so hätte immer nur die jeweils mitlaufende Potenz des betreffenden Elementes, aber nicht die Potenz als solche etwas zu bedeuten. Denn es gebe keine Potenz vor der Energie; das Holz, aus welchem Feuer (1133, 30–1134, 19) entzündet werde, sei nicht potentiell; denn wie könne ein Schweres und Hartes die Potenz von einem Leichten sein? Insoweit nämlich das Holz schwer ist, kann es nicht das leichte Feuer bewirken, und somit giebt es keine Potenz in dem Holze für das Feuer.

Dritter Einwand (1134, 29 ff.). Vermöge der Lehre von der Potenz müsste jede Bewegung in eine beliebige andere übergehen können, was doch dem gesunden Verstande widerspricht (Philop. hat dabei nicht wissen können, dass wir heut zu Tage wohl Analoge zu dieser Voraussetzung haben. Denn die Thatsache von dem Uebergang der wichtigsten Naturkräfte in einander, von Schall in Licht, von Licht in Wärme, von Wärme in Magnetismus, von Magnetismus in Elektricität, von Elektricität in Chemismus u. s. w. beweist, dass Philop. den Ar. mit Unrecht tadelt).

Viertens (1134, 33 ff.). Als Energie einer Bewegung muss man immer das ansetzen, was sich an die eigentlich Kraft der betreffenden Materie anschliesst; so haben Brot und Wein nur die Energie des Brotes und Weines. Die daraus erfolgende Ernährung unter dem Einflusse der vegetativen Seele beim Genusse der er

wähnten Stoffe unterliegt einer anderen Kraft. So hat das Holz an sich nicht die Kraft das Feuer in die Höhe zu heben, sondern vorerst nur, das Feuer zu unterhalten.

S. erwiedert hierauf (1135, 15 ff.), dass Ar. nur sagen wollte, dass es nicht angehe, ein Princip anzunehmen, welches sich von anderen Principien vollständig loslöse und selbständig sei. Hat er sich hiermit nicht gut ausgedrückt, so ist das seine Schuld. Aber daraus dürfe Philop. nicht den Schluss ziehen, dass seine, des Ar., Annahme falsch sei. Gesteht ja Philop. selbst zu, dass seine eigene Ansicht dasselbe besagt, wie Ar. Denn auch bei Philop. sind Feuer und Wasser aus Ursachen entstanden, welche nicht auf einmal abbrechen, sondern auf immer andere und andere Ursachen hinüberführen.

Im Folgenden (1135, 28–34) erklärt S., dass selbst unter Voraussetzung der Unrichtigkeit des Aristotelischen Axioms von der Bewegung die Annahme eines obersten Bewegenden, das zugleich ewig ist, nicht umgestossen werde. Wir haben gesehen, dass sich aus der Annahme der Potenz dies sowohl, wie vieles Andere erklärt (vgl. Erdmann, Grundr. d. Gesch. der Philosophie, Berlin 1896, 2. Bd. S. 59f.).

Aber es wird nicht einmal Ar. durch Philop. widerlegt. Denn (1136, 1ff.). Ar. habe, sagt S. gegen Philop., 2 Arten von Potenzen angenommen; die eine ist diejenige, welche auf die Energie hin wirklich endigt, die andere aber die ohne Energie bloss potentiell gültige, d. h. nur in dem Sinne zu erwartende, dass man keinen wirklichen Erfolg damit gegeben habe, sondern nur eine Fähigkeit. Und insofern Philop. z. B. dem Holze die Kraft des Feuers abspricht, während Ar. sie gelten lasse, insofern habe er, Philop., Unrecht. Gegen diese Voraussetzung des S. will Philop. 1136, 26f. geltend machen, dass man es hier ja nicht mehr mit einer Bewegung, sondern mit einem Werden zu thun habe, insofern Holz zu Feuer werde. S. wendet dagegen ein, dass dem Ar. ja auch das Werden eine Bewegung ist nach E 1, 224 b8ff., 2, 226 a 12 u. s. w. Aber formell liesse sich gegen diese Argumentation des S. einwenden, dass es sich ja nicht darum handle, was Ar. darüber meint, sondern was die Wahrheit ist.

S. giebt weiter an (1136, 35 ff.), dass Ar. für das Werden die Definition der Bewegung voraussetzte (201 a9), und dass das Werden, das von Philop. bei dem Prozesse der Verbrennung dem Holze zugeschrieben werde, nur darin bestehe, dass aus Holz Feuer werde, während die Bewegung auf der Potenz des Holzes beruhe, zunächst die vo zivots zu bewerkstelligen, eine Annahme, welche gewiss nicht mit dem Aristotelischen Begriffe der dúvaus streite, die in der zivots gelegen sei. Doch zu diesem Behufe will S.

die Worte des Philop. selbst anführen (1137, 24 ff.).

In diesen verweist Philop. nochmals auf die bereits oben (4134 a19 ff.) vorgebrachte Annahme von der gleichzeitigen Anwesenheit zweier Potenzen im selben Stoffe, insoweit das Holz an sich schwer, aber daneben, in Rücksicht auf das sich nach oben bewegende Feuer, doch wieder leicht sei, eine Annahme, von deren Absurdität Philop. überzeugt ist. Doch S. wendet die Sache so, dass diese Potenzen nicht von der nämlichen Seite aus genommen werden dürfen, wie z. B. das Holz der Potenz nach wohl leicht ist in Vergleich zu der Wirklichkeit des Feuers, dagegen der Energie nach schwer in Hinsicht auf die daraus erst entstehende, also potentiell im Holze schlummernde Fähigkeit der Aufwärtsbewegung.

Wir haben nämlich im Holze eine Potenz leicht" und eine Energie schwer", daneben haben wir eine Potenz „Aufwärtsbewegung und eine Energie „Abwärtsbewegung" im Holze. Während aber die eine von diesen Potenzen und Energien an sich feiner erscheint, ist die andere nur nebensächlich. Also gilt von den zwei Potenzen nur eine, während Philop. fälschlich deren zwei nebeneinander angenommen hat. So sei es auch mit dem Wasser, welches an sich yet, während es in accidenteller Weise erwärmt, ebenso wie das Holz évepysig schwer ist, aber potentiell Wärme in sich enthält (insofern es Brenn- und Wärmestoff ist). Und in der That gehört auf diesem Wege jedem Elemente die doppelte Potenz an, wie z. B. dem Wasser an sich die Kälte, dann aber auch in der anderen Richtung die Wärme (S. kommt hier aber wieder auf das zurück, was er oben 1136, 1 ff. aus Ar. von der doppelten Potenz herausgelesen hat).

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