Billeder på siden
PDF
ePub

tung des in diesem zwelten Band enthaltenen Stoffes geleitet worden, findet er nicht nöthig, etwas hier zu bemerken, da es eben diejenigen sind, welche er, als bestimmend für das Ganze seines gegenwärtigen Unternehmens, im ersten Bande bereits ausgesprochen hat. Sie bezeich nen den Gesichtspunct, aus welchem der Verfasser nach Vollständigkeit und nach Zweckmäßigkeit seiner Darstellung gestrebt, und dessen Prûfung er zunächst seinen Lesern und Beurtheilern empfehlen muß.

Dagegen fühlt er sich gedrungen, für Freunde der Philosophie, die an den philosophischen Verhandlungen zuschauend und empfangend Theil nehmen, ohne daß sie in den Gang derselben unmittelbar thätig eingreifen, an dieser Stelle ein Wort von der Ausdehnung des Ge= sichtskreises zu sagen, innerhalb dessen allein, nach seiner Ueberzeugung, jene Theilnahme und mit= hin auch das Studium der Geschichte, der Philosophie ihnen wahrhaft forderlich sich erweisen kann.

Die Grundlage, oder, wie man noch mehr bezeichnend sich ausdrucken darf, den Mittelpunct eines jeden philosophischen Systemes seit Platon machen die mehr oder weniger entwickelten, und auch da, wo sie nicht in einer gesonderten Bearbeitung hervortreten, in allen Lehrbegriffen des Systemes dem Blicke der Sachkundigen sich of fenbarenden Ansichten aus, welche dessen Urheber von der Entfaltungsweise, der Form, der Bedeutung und den Schranken des menschlichen Erkennens und Wollens sich angeeignet hat. Werden diese Ansichten methodisch ausgebildet, so entsteht eine Wissenschaft, welche man fåglich die Theorie des Erkenntnißvermögens nennen kann, weil ihr Hauptzweck auf die Entdeckung der Genesis und der Geseze des Bewußtseyns und auf die Bestimmung des Verhältnisses der sämmtlichen psychischen Thätigkeiten zum Erkennen gerichtet ist. Nun hat ein jeder philosophische Lehrsaß seinen Anspruch auf nothwendige Gültigkeit durch den wesentlichen Zusammenhang zu begrunden, der ihu in dem Bezirke des gesammten Systemes der philosophischen Wissenschaften mit den entwe= der von ihm vorausgesekten oder aus ihm abgeleiteten Behauptungen verknupft. Deshalb gilt dies nicht bloß von der Metaphysik, mit Einschluß der speculativen Naturlehre, sondern auch von der philosophischen Entwicklung der sittli= chen, rechtlichen und religidsen Wahrheiten, daß

1

sie nur als Glied eines organischen Ganzen, welches auf bestimmten erkenntnißtheoretischen Prin= cipien ruht, einen wissenschaftlichen Werth besihen und daß sie nur bei sorgfältiger Erwägung Dieser Principien gehörig verstanden und gewurdigt werden kann,

Freilich findet sich die Theorie des Erkennt= nißvermögens nicht in dem herkömmlichen Ver= zeichnisse der philosophischen Disciplinen, nach derjenigen Unterscheidung und Eintheilung der= selben, welche man, in Anleitung der Aristotelischen Schriften, schon im Zeitalter der Scholastik angenommen hat, und die noch gegenwärtig, ob= gleich von Einzelnen verworfen, die vorherrschende bei dem mündlichen und schriftlichen Vortrag ist. Sowohl von den Alten, als von der Mehrzahl der Neueren, sind die erkenntnißtheoretischen-Bestimmungen zerstreut und vermischt mit anderen Materien, und darum nicht in der erfoderlichen Ordnung und Vollständigkeit ausgeführt worden. Als ein specieller, von der Ontologie und rationalen Psychologie gesonderter Zweig des philosophischen Forschens wurden sie überhaupt zuerst von Locke und später von Locke's Nachfolgern in England und in Frankreich unter verschiedenen Titeln, in Deutschland zuerst von Kant unter dem Titel der „Kritik der reinen und der praktischen Vernunft und der Urtheilskraft" bearbeitet. Daher rührt es, daß die Erkenntnißtheorie nicht, wie die Logik, die Ethik u. s. w., einer seit vielen Jahrhunderten gebräuchlichen Benennung sich erfreut, und wenn sie mit den übrigen Haupttheilen des Lehrgebäudes der Philosophie das Streitige in der näheren Auffassung und in der Art der Lösung ihrer Probleme gemein hat, so entbehrt sie des Vortheiles, wenigstens dem Namen nach in der Eigenschaft eines solchen Theiles überall bekannt und von den Meisten auch anerkannt zu seyn.

Nichtsdestoweniger ergibt sich ihre wahre Bedeutung sowohl aus der Geschichte der Philosophie, als aus einer besonnenen Betrachtung der Natur der Sache mit entschiedener Gewißheit. Irrig ist demnach die Meinung, welche von manchen Pflegern und Bekennern der empirischen und der positiven Wissenschaften festgehalten wird : es sen für sie zulänglich und allein der Mühe werth, den Leistungen in den Fächern der praktischen und angewandten Philosophie ihre Aufmerksamkeit zu widmen und diese im Bezug auf ihre eigenthumlichen gelehrten Bedürfnisse und Zwecke zu benußen; dagegen stehen ihren Beschäftigungen und Interessen zu fern die Untersuchungen über den Ursprung, die Natur und den Erkenntnißwerth der menschlichen Vorstellun gen, besonders die tiefer in die Sache eingehen den, Unbedenklich darf man diesem Vorurtheile die Behauptung entgegenstellen: wie der Philosoph, wenn ihn eine nur oberflächliche Berücksichtigung des Wesens der Erkenntnißthätigkeiten bei seinen Meditationen leitet, geseht auch, er besiße die Darstellungsgabe und die Genialität eines Jacobi, in keiner Richtung seines Strebens etwas wissenschaftlich Bedeutendes zu leisten vermag, so wird der Theolog, der Rechtsgelehrte, u, s. w., der sich einseitig und ausschließlich mit einem sein Fach zunächst beruhrenden Zweige der angewandten Philosophie befaßt, ohne sich um die erkenntnißtheoretischen Lehren der alten und der neuen Schulen zu bekummern, von dem ei= gentlichen Gewinne, den ihm der Ausschwung in die Sphäre des philosophischen Denkens gewahren könnte und sollte, wenig oder nichts erreichen.

Unstreitig hat das Erfoderniß, über die Natur der menschlichen Erkenntniß- und Willens=

« ForrigeFortsæt »