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ewig Gleichbleibendes vor allem in den physischen elementaren Processen der Natur, sonst überall sehe ich Fortschritt und glaube an ihn; Sie räumen Natureinflüssen eine grössere Rolle ein und halten auch im sittlichen Leben einzelne Institute für in der Hauptsache unveränderlich. Sie sind empört, wenn man sie in den Fluss des historischen Werdens stellt, als ob historische Betrachtung und fester Halt im sittlichen Urtheile über staatliche Institute ein Widerspruch wäre. Entrüstet rufen Sie aus: »man stelle nur Alles schlechthin in den Fluss der Zeiten und der frechen Willkür ist Thür und Thor geöffnet«<.

Der Fluss der Zeiten manifestirt mir nichts anderes als das Gesetz der Kausalität; so lange die Ursachen dieselben bleiben, bleibt die Folge die Gesellschaftsordnung dieselbe. Ich kann keinen absoluten sittlichen Vorzug für ein Institut darin finden, dass es lange so gewesen. Ich kann auch in der Ehe, im Eigenthum und in der Gesellschaftsordnung keine absoluten sittlichen Ideen sehen, vollends nicht in der bestimmten Färbung, mit der Sie sie vortragen. Die sittliche Idee steht über allen einzelnen Rechtsinstituten. Ehe und Eigenthum sind äussere Formen des positiven Rechts, in welchen die sittliche Idee sich darstellt; aber es sind Formen, die selbst in ewiger Umbildung begriffen sind. Soweit sie bei den meisten Kulturvölkern einen ähnlichen Charakter tragen, ist nicht etwa eine immanente sittliche unveränderliche Substanz die Ursache der Gleichmässigkeit, sondern sie liegt in den gleichen äussern Vorbedingungen menschlicher Existenz und der hierdurch hervorgerufenen Nothwendigkeit analoger historischer Entwicklung. Die Monogamie und das Individualeigenthum (innerhalb gewisser Schranken und neben einem Gemeineigenthum, wie es die Gegenwart schon kennt) werden so lange in der Hauptsache dieselben bleiben, als die menschliche Individualexistenz mit dieser körperlichen Organisation und diesen geistig - sittlichen Bedürfnissen dieselbe bleibt. Der Mensch kann als Individuum nicht existiren, nicht sein Wesen zur höhern Kultur entfalten ohne Eigenthum, er kann den Zusammenhang der Generationen, auf dem die mechanische Ueberlieferung aller Güter der Kultur beruht, nicht aufrecht erhalten ohne Erbrecht. Das sittliche Element der Monogamie, des Eigenthums und des Erbrechts liegt aber nicht in dem, was das augenblickliche Ehe-, Eigenthums- und Erbrecht mit dem anderer Zeiten gemein hat, in dem, was man als abstraktes Dogma Sie sagen: als sittliche Idee dieser Institute proklamiren kann, sondern ausschliesslich und allein darin, dass das jeweilige Ehe-, Erb- und Eigenthumsrecht, die jeweilige Gesetzgebung über zulässige Erwerbsarten, über Einkommensvertheilung das in der bestimmten

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Zeit und in dem bestimmten Volk adäquate Gefäss der gerechte sittlichen Ordnung, der sittlichen Erziehung der Gesellschaft ist.

Mit einer Abstraktion also von dem, was allen Gesetzgeb der Ehe und des Eigenthums gleich ist, bekommt man einen Sc griff, der zum Unterricht für Anfänger in der Rechtsphilosophi Staatswissenschaft gut sein mag, der aber über die Frage, ob heutiges Recht genügend und richtig sei, absolut gar nichts aussa Eine richtige Antwort auf diese Frage gibt nur die historisc tische Untersuchung der Rechtsinstitute einerseits, der psychologis faktischen, materiellen Zustände und Folgen andererseits. Eine e rechtsvergleichende Untersuchung über das Detail des Ehe-, ErbEigenthumsrechts, nicht eine unfehlbare Dogmatik desselben thu

noth.

Und was vom Ehe- und Eigenthumsrecht gilt, das gilt noch von der Gesellschaftsordnung. Selbst, wenn Ehe und Eigenthum konstanter blieben, als sie bleiben, wäre die Konstanz der Gesellsch ordnung, die Sie behaupten, für mich noch nicht bewiesen; Ihr Sc von der sittlichen Idee des Eigenthums auf eine in der Haupts gleichbleibende aristokratische Gesellschaftsordnung scheint mir d tausend Blätter der Geschichte widerlegt, scheint mir auf derse Linie zu stehen, wie die Behauptung eines Baumeisters, er k mit einer Sorte Steine nur Häuser mit demselben Grundriss und de ben Façade bauen.

Ich werde nachher auf diese Fragen näher eingehen; vorher mö ich ein paar Worte wenigstens über das Verhältniss von Wirthsch Sitte und Recht im Allgemeinen einschieben, weil ohne diese Beg dung meine nachfolgenden Erörterungen über das Eigenthum und Gesellschaftsgliederung in der Luft schweben würden.

III. Wirthschaft, Sitte und Recht.

Man hat neuerdings oft behauptet, der wesentliche Unterschied der jüngern realistischen Nationalökonomie gegenüber der ältern dogmatisch - abstrakten beruhe in dem andern Verhältniss, das die jüngere Schule dem Staate gegenüber der Volkswirthschaft zuweise. Es ist das bis auf einen gewissen Grad wahr; aber doch nicht unbedingt; bei manchen neueren Streitfragen zeigt sich auch das Gegentheil und ich möchte daher behaupten, es sei hiermit desswegen nicht das Richtige getroffen, weil der Gegensatz tiefer liegt. Die andere Rolle, die wir dem Staate zuweisen, ist nur ein Symptom davon, dass wir über das Verhältniss der Volkswirthschaft zu Sitte und Recht eine neue veränderte Auffassung vertheidigen. Und daher können wir in einzelnen Fragen ebenso sehr für verminderten, als für vermehrten Einfluss der Staatsgewalt auftreten, wenn wir auch im Ganzen nicht mehr die principielle Abneigung gegen staatliche Massregeln und Gesetze auf wirthschaftlichem Gebiete haben. Die neue Auffassung der Volkswirthschaft in ihrem Verhältniss zu Sitte und Recht habe ich selbst schon öfter eine ethische genannt 25); diese Bezeichnung ist nicht neu; aber es scheint mir, dass eine Ausführung der vollen Konsequenzen davon bisher noch gefehlt hat und darum möchte ich hier die wesentlichsten derselben hervorheben.

Die ältere Nationalökonomie behauptete oftmals es gebe überhaupt keine Volkswirthschaft, kein Volk skapital, kein Volkseinkommen, sondern nur Einzelwirthschaften, individuelles Kapital und Einkommen.

25) Man könnte sie in gewissem Sinne ebenso gut eine psychologische nennen; das psychologische Element in der Volkswirthschaft ist im Grunde dasselbe wie das ethische; die psychologischen Faktoren sind die Quelle dessen, was ich meine, das Ethos ist das Produkt. Psychologische Erörterungen haben schon alle bessern ältern Nationalökonomen mit ihren Untersuchungen verknüpft, vor Allem Adam Smith. Die ganze Lehre vom Egoismus als der Triebkraft der Volkswirthschaft ist nichts als ein roher Versuch, sich mit dem Bedürfniss einer psychologischen Begründung der Nationalökonomie abzufinden. Unter den neuern hat Hildebrand wesentlich auf diese psychologische Seite hingewiesen.

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Gewiss ist letzteres falsch; denn der Genius der Sprache würde das nicht mit einem gemeinsamen Worte bezeichnen, was nichts Gemeinsames hätte. Die englische, die deutsche Volkswirthschaft, die Volkswirthschaft der Grönländer, der Kaffern, der Chinesen das sind Bezeichnungen, die nicht blos oder nicht einmal wesentlich eine Summe von Einzelwirthschaften auf ein und demselben staatlichen Territorium und unter derselben Staatsgewalt, sondern die ein einheitliches Ganze zusammenfassen wollen, dessen Theile in jeder Beziehung unter sich in anderer Wechselwirkung stehen als dieselben Theile mit den Einzelwirthschaften anderer Staaten oder Völker. Und das gemeinsame, die Einzelwirthschaften eines Volkes oder Staates verbindende, ist nicht blos der Staat, sondern ist ein Tieferes: die Gemeinsamkeit der Sprache, der Geschichte, der Erinnerungen, der Sitten und Ideen. Es ist eine gemeinsame Gefühls- und Ideenwelt, es ist eine Herrschaft gemeinsamer Vorstellungen, eine mehr oder weniger übereinstimmende Spannung aller psychologischen Triebe; und es ist mehr als das, es ist eine aus diesen übereinstimmenden psychologischen Grundlagen herausgewachsene, objektiv gewordene gemeinsame Lebensordnung, es ist das gemeinsame Ethos, wie der Grieche das in Sitte und Recht krystallisirte sittlich-geistige Gemeinbewusstsein nannte, das alle Handlungen der Menschen also auch die wirthschaftlichen beeinflusst.

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Noch neuerdings ist mit Nachdruck behauptet worden 26), dass die

26) Von Prof. Dr. A. Lasson über die ethische Auffassung vom Volkshaushalt (Vierteljahrsschrift für Volkswirthschaft. XLI. S. 34ff.). Die dort entwickelte Theorie ist sehr einfach: im Gebiet der sinnlichen; Triebe giebt es nichts Sittliches, sondern nur mechanische Kräfte. Der Volkshaushalt hat es nur mit der Befriedigung der äussern Bedürfnisse zu thun, mit der materiellen Leiblichkeit. Da ist nirgends von sittlichen Faktoren die Rede. Das gilt für die primitivsten, wie für die ausgebildetsten Formen des wirthschaftlichen Lebens. Es giebt so wenig eine ethische Volkswirthschaft als eine ethische Kochkunst. Alle wirthschaftliche Thätigkeit entspringt aus der Noth einem natürlichen Mangel. Der Kampf ums Dasein bewegt die Einzelwirthschaften, die nur durch das Rechtsgesetz gebunden sind. Das wirthschaftliche Handeln kann wohl von sittlichen Motiven beeinflusst sein, aber es muss es nicht. Wirthschaftliches Thun ist als solches sittlich indifferent, es liegt vor und unter der Sphäre der Sittlichkeit. Die Sittlichkeit bringt zu den durch die Natur der Sache im wirthschaftlichen Leben wirkenden Potenzen nichts Neues hinzu.

Ich weiss nicht, ob man sich bei den Ausführungen des Herrn Lasson mehr über seine altfränkischen philosophischen Begriffsspielereien oder über seine komischen Vorstellungen, was eigentlich Nationalökonomie sei, wundern soll. Wer, wie er, bei der Erörterung volkswirthschaftlicher Probleme freilich nur daran denkt, wie man zweckmässig Holz spalte (S. 69), der sollte eher eine philosophische

wirthschaftlichen Handlungen nicht unter den ethischen Gesichtspunkt fallen, weil sie technisch seien; man könne einen Nagel geschickt oder ungeschickt einschlagen, aber das eine stehe sittlich nicht höher als das andere. Ich möchte selbst das nicht zugeben; die einfachste technische Arbeit soll zweckmässig und systematisch, soll nicht mit überflüssigen Mitteln geschehen. Die blose Naturkraft, die blose Noth nöthigt nie zu etwas Anderem, als zu einer vorübergehenden Anstrengung; sobald sein Hunger gestillt ist, wirft der Wilde sich wieder auf sein Lager; er kennt nur ein Handeln aus dem Stegreif; er ist faul; darum nennt Fichte die Faulheit das Grundlaster der Menschheit. Der heutige Begriff der Arbeit auch der rein individuellen dagegen hat einen sittlichen Gehalt; wir nennen Arbeit diejenige vernünftige Selbstthätigkeit, die mit dauernder Anstrengung etwas in dem System der menschlichen Zwecke als berechtigt Anerkanntes zu bewirken strebt, die in gewissem Sinne Selbstzweck geworden ist, sofern sie uns als die Schule aller Tugenden, als die Erhalterin alles Besitzes, als die Grundlage unserer gesellschaftlichen Organisation gilt.

So entbehren also schon alle individuellen wirthschaftlichen Handlungen neben ihrer technischen nicht der ethischen Seite. Die Mehrzahl der Handlungen aber, die wir in der Volkswirthschaft untersuchen, gehört nicht dem Gebiete der individuellen technischen Thätigkeit an, die Volkswirthschaftslehre ist nicht Technologie, sie untersucht hauptsächlich die Beziehungen der Einzelwirthschaften unter einander und zum Ganzen; und da handelt es sich um lauter Handlungen, bei denen die technische Seite wenn nicht ganz zurücktritt, so doch unter allen Umständen durch Sitte und Recht, durch das Ethos erst die bestimmte Färbung, die Form oder Richtung erhält.

Das wirthschaftliche Leben beginnt als ein rein natürliches, Naturtriebe und natürliche Bedürfnisse sind sein Ausgangspunkt; es streift auch niemals diese natürliche Grundlage ab; stets handelt es sich um die Befriedigung natürlicher Bedürfnisse, um natürliche Mittel für höhere Bedürfnisse; aber es bleibt auch nirgends bei dem rein natürlichtechnischen stehen, weil das angeborene sittliche Gefühl, das ästhetische Bedürfniss und der Intellekt jede natürliche Handlung erfassen und umgestalten. Schon bei dem rohesten Stamme wird sich aus dem Chaos des thierischen Lebens, in Folge der Instinkte, der sich wiederholenden Fälle, des erlebten Schadens eine gewisse Ordnung bilden, die höher

Abhandlung über das Holzspalten als über das Verhältniss der Philosophie und Ethik zur Nationalökonomie schreiben.

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