Billeder på siden
PDF
ePub

Herr Overbeck legte einen Aufsatz des Herrn Professor H. Heydemann in Halle vor über die gemalten Bildnisse aus dem Fajum in Besitz des Herrn Theodor Graf zu Wien.

Non potuit pictor réctius descríbere ejus fórmam.

4. October 1887 fanden Beduinen in einer Felsenhöhle bei Rubajjât, einem kleinen Flecken unweit Roda am Nordostrande des Fajum in Aegypten, unter der Sanddecke eine grosse Anzahl von alten mehr oder weniger erhaltenen Holztafeln, welche mit fast lebensgrossen Bildnissen verschiedenen Geschlechts wie verschiedenen Alters bemalt waren *). Es unterliegt keinem Zweifel, dass jene Höhle, obgleich sich von Mumien und Särgen, denen diese gemalten Bildnisse ehedem wie wir sehen werden zugehörten, keine Spur mehr zeigte, einst eine alte Begräbnissstätte gewesen ist. Dieselbe muss vor Jahrhunderten von Christen oder Muselmännern aus Raubsucht und Aberglauben geplündert und ausgekehrt worden sein: dabei wurden die Bilder von den Mumien abgerissen und als werthlos bei Seite geworfen; der trockne Sand hat sie dann schützend aufgenommen und zu uns hinübergerettet.

*) Vgl. auch G. Ebers, Allgemeine Zeitung 1888, Beilagen No. 135 ff., in einem Sonderabdruck, der hier und da vermehrt und mit Nachtrag versehen ist, zusammen mit O. Donner von Richter »Die enkaustische Malerei der Alten«< (gleichfalls aus der Allgemeinen Zeitung 1888 Beilage No. 180) wiederabgedruckt; ferner R. Graul in Lützow Zeitschr. f. b. K. XXIV S. 9 ff. und S. 39 ff. mit Abbildung der No. 21, 28, 32 und 63, [jetzt ebenfalls in verbessertem und um die Abbildungen von No. 4, 6, 7, 23 und 45 vermehrtem Sonderabdruck erschienen; Fendler in der Illustrierten Zeitung 13. October 4888 (Band 94 No. 2363) mit Abbildung der No. 8, 15 und 45; Donner von Richter in den Berichten des freien deutschen Hochstiftes NF. V 4 S. 57 ff.].

Ferner sei bemerkt, dass von den Bildern No. 4-55 und no. 57-69 Lichtbilder (ungefähr 0.14 0.10) bei dem Besitzer Herrn Theod. Graf, Wien, 3 Spiegelgasse, käuflich sind, welche theils von V. Angerer, theils vom k. k. Hofphotographen J. Löwy in Wien gefertigt wurden.

[ocr errors]

Zusammen mit den Bildnissen, die in den Besitz des Herrn Theodor Graf zu Wien gelangten, sind oder vielmehr sollen einige Inschriften, darunter drei sog. Mumien-Etiketten, gefunden sein 1). Ist dies wirklich der Fall gewesen wir sind leider nicht in der Lage, den dahinzielenden Bericht der findigen Araber genau zu prüfen so wäre der antike Name des Ortes, den das heutige Rubajjât einnimmt, »Hormos Kerké« gewesen und würden daselbst ausser den einheimischen Todten auch hin und wieder Leichen von ausserhalb beigesetzt worden sein. Ein »> Hafenplatz Kerké« denselben (wie es scheint 2) aegyptischen) Namen führte nach der Söldnerinschrift von Abusimbul auch ein Ort am Nil in Nubien — im alten Fajum war bisher nicht bekannt, hat aber durchaus nichts Auffälliges. Der alte Gau, dem Gotte mit dem Krokodilskopfe unterthänig und durch den grossartigen künstlichen Wasserbehälter des Königs Amenemhat III. der Fruchtbarkeit gewonnen, hatte so viele Wasserstrassen, dass in diesem » Seelande «, wie die alten Aegypter die Gegend nannten und noch der heutige Name sie benennt, ein Hafenplatz nicht sonderbar und unerwartet ist; derselbe gehörte übrigens laut den Inschriften schon dem nordöstlichen an das >> Seeland « grenzenden Gau von Memphis an. Warum aber die Todtenstadt dieser Rhede zuweilen auch für anderswo Verstorbene benutzt

4) Am wichtigsten ist die folgende »T«3««, deren Abschrift ich den Herren Prof. Ebers und Dr. Wilcken verdanke: is öqμo[v] | Kɛoxǹ | 10v Μεμφίτου νομοῦ ἀπὸ κ[ώμης Φιλάδελφος (sic) τοῦ Ἀρσινο] εἴτου νοuov. Dr. Wilcken fügt hinzu: »Darüber stand auf dem abgebrochenen oberen Theil jedenfalls der Name des Verstorbenen. Zeile und 2 sind in grossen Uncialen geschrieben; Zeile 3 bis 5 cursiv. Unciale wage ich

nicht zu datieren. Der Cursive nach aber setze ich die Tafel in das erste und zweite (das letztere Wort ist unterstrichen) Jahrhundert nach Chr.<< Kɛoz findet sich auch auf zwei noch unpublicierten Ostraken im Berliner Museum, die aus Sedment unweit der südöstlichen Grenze des Fajum stammen: »Ostrakon Berl. P. 797 (διὰ ὄννου [sic] Μεμφίτου νομού Κερκής) und P. 806 (»διὰ ὄνων Μεμφίτου Κερκής). Auch die zweite Mumientafel spricht vom Transport der Leiche ɛis Kɛozý; vgl. zu diesen Leichentransporten ausser dem ausführlichen Pariser Papyros 48 bis (Not. et extraits des Manuscr. XVIII p. 234; vgl. p. 434) z. B. noch Revue Archéol. N. S. 28 p. 343, 46 und 29 p. 236, 67; ferner 29 p. 480, 50; p. 181, 54 und 182, 56 sowie 239, 74; p. 233, 63; p. 309, 93; u. a. m.

2) »>Kerk«; vgl. dazu Ebers, Aegypten und Mose's I S. 163.

3) Vgl. dazu z. B. das Kärtchen bei Rawlinson Hist. of anc. Egypt. 11

zu p. 164 f. (nach Linant).

wurde, wissen wir nicht mehr: doch bestattete man nicht selten wie zur Zeit der Pharaonen 4) so noch in der griechisch-römischen Epoche einen Todten in beliebten Stätten, und » Hermos Kerké« mag in späterer Zeit aus irgend einem uns unbekannten Grunde sich besonderer Beliebtheit erfreut haben; sehr wohl könnte z. B. die leichte Zugänglichkeit infolge der Lage an einer der vielen Wasserstrassen ein solcher Grund gewesen sein.

2. Was die Erhaltung der Bilder betrifft, so waren dieselben natürlich nicht so wohl erhalten als sie uns jetzt entgegentreten. Es ist mir vergönnt gewesen einige von neuer Hand völlig unberührt gebliebene Stücke zu sehen 5). Staub und Schmutz hatten sich im Lauf der Jahrhunderte fest angesetzt; die dünnen Holzplatten hatten sich nicht selten verzogen und waren meistens von oben nach unten mehrfach gesprungen; die Farbe war öfter hier und da weggesprungen und abgeplastert. Von einem ungetrübten Kunstgenuss konnte bei der überwiegenden Anzahl wohl nicht die Rede sein: nur selten war nach Zusammenfügung der Sprünge und nach Entfernung des Schmutzes das Bild noch so gut erhalten wie z. B. dasjenige des Buben auf der Tafel No. 27! Bei allen Bildern sind die Fugen mehr oder weniger verschmiert, die abgeplatzten Farbentheile wiederergänzt, zuweilen auch fehlende Holztheile zur Vervollständigung aus vorhandenen Bruchstücken eingesetzt. Man ist dabei mit grossem Fleiss und vielem Geschick verfahren, und verdient die Wiederherstellung der Bildnisse volle Anerkennung. Dass aber hin und wieder zur Vertuschung der Sprünge und der Abplasterungen doch des Guten ein wenig zu viel geschehen und vereinzelten Lichtern auf den Nasen und in den Augen allzu sehr nachgeholfen sein mag, wird man ebenso offen eingestehen müssen als sich mit Bestimmtheit behaupten lässt, dass der Charakter der antiken Bilder im Ganzen wie im Einzelnen niemals gelitten hat. Man werfe zur Bestätigung einen Blick auf die gemalten Porträts, die uns in Pompeji geblieben sind und von denen ein besonders charakteristisches Bild dasjenige mit dem Konterfei des P. Paquius Proculus und seiner Ehefrau ist ). Diese beiden Gesichter,

4) Vgl. Pseudo-Plut. de Iside et Osiride 20 und dazu Maspero bei Perrot-Chipiez Hist. de l'art ant. I p. 248, 4.

5) Bei Herrn Architekten Fritz Hasselmann in München, dem ich dafür verbindlichst Dank sage; vgl. auch die Tafeln No. 84 und No. 100. 6) Abg. Giornale degli Sc. di Pompei N. S. 12 p. 57 ss.

in Fresko gemalt und leidlich erhalten, stimmen mit den Fajumer Bildnissen der Graf'schen Sammlung in Auffassung und Ausdruck im Allgemeinen ganz überein und bestätigen, dass das überraschend Moderne, welches uns in jenen entgegentritt und zunächst argwöhnisch machen könnte, durchaus alt und echt ist. Die Bildnisse aus Hormos Kerke stehen Alles in Allem so da, wie sie dereinst aus den Händen der Künstler hervorgegangen sind, und feiern eine Wiederauferstehung, wie sie ihre Maler nur gutheissen könnten.

3. Den Zweck dieser bemalten Holztafeln stellen vereinzelte Beispiele, die schon seit langer Zeit bekannt sind, klar und sicher. Neben den zahllosen Mumienbehältern, welche die Gesichter der Todten plastisch wiedergeben, besitzen wir auch einige wenige Mumien, an denen die Malerei die Stelle der Plastik vertritt. Und zwar auf zweierlei Art: entweder sind den zugerichteten und umwickelten Leichen Gesicht, Hände und Füsse an den betreffenden Stellen auf die letzte Umhüllung aufgemalt oder aber an der Stelle, wo sich der Kopf des Todten findet, ist in der letzten Umhüllung eine Oeffnung aufgespart für eine Holzplatte, auf der das Gesicht des verstorbenen Menschen aufgemalt war. Für die erstere Weise bieten das älteste bekannte Beispiel die beiden Mumien, welche Pietro della Valle 1615 aus Saqqarah nach Europa brachte und die sich jetzt im Dresdener Museum finden: die männliche Mumie stellt einen Mann dar mit Schnurbart sowie mit dünnem Backen- und Kinnbart, der in den Händen eine Trinkschale mit rothem Wein und eine Blumenschnur hält; die andere Mumie ist weiblich, mit Salbfläschchen und Blumenschnur in Händen 7). Ein weiteres Beispiel ich führe nur Publiciertes an besitzt das Louvre: gemalt ist auf der Mumienleinwand der Kopf eines Jünglings mit Schnurund Flaumbart, sowie mit zusammengewachsenen Augenbrauen). Vergleiche ferner jetzt das Graf'sche Bildniss No. 58, welches der Rest einer so bemalten Mumienhülle ist: erhalten ist von der bemalten Leinwand noch der Kopf einer jungen Frau nebst

7) Vgl. Hettner Bildwerke 3 S. 122 No. 304 und 306; die besten Abbildungen in Becker's Augusteum Taf. I und II. Auf der Mumie des Mannes Taf. I) stand einst sein Name neben dem Zuruf ɛvvizi aufgeschrieben zu lesen. Vgl. zu diesen Mumien auch noch unten S. 316 und S. 347 Anm. 41.

8) Abgeb. Cros et Henry L'encaustique et les autres procédés de peinture chez les anciens (1884) p. 51 Fig. 18.

der Brust, auf der die rechte Hand mit einer Granatfrucht liegt. Die andere Art der Malerei auf einer eingefügten Holztafel findet sich deutlich bei einer Mumie aus Theben angewendet, welche bis auf die rechte Gesichtshälfte, die sich ins British Museum verirrt hat, im Cabinet des Médailles zu Paris aufbewahrt wird 9). Aus der Inschrift auf dieser Mumie geht hervor, dass sie die Tochter eines nicht weiter bekannten Dioskoros gewesen, die etwa gegen den Schluss des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts gelebt haben wird. Ist hier noch die ganze Mumie mit der zugehörigen Holztafel erhalten, so fanden sich dagegen Bildnisse auf Holztafeln allein schon öfter: so im British Museum das Porträt eines bartlosen Jünglings 10); in Florenz das Bild einer Frau 11); im Louvre sechs Tafeln, welche Personen aus der Familie eines thebanischen Archon aus Hadrian's Zeit, Namens Pollios Soter darstellen 12); u. s. w.

Diesen bisherigen Einzelbeispielen von auf Holz gemalten Mumienbildnissen schliesst sich nun in überraschender Fülle die Sammlung Graf an, die aus weit über hundert vollständigen Bildern besteht*); und ihr gesellt sich jetzt die stattliche Reihe von Bildnissen zu, die Flinders Petrie gleichfalls im Fajum entdeckt und heimgebracht hat 13). Es ergiebt sich daraus, dass die Sitte, statt der plastisch ausgeführten Mumiengesichter die Antlitze der Verstorbenen auf Holztafeln zu malen und den

9) Vgl. die Abbildung der Mumie in der Gazette archéologique III p. 433 und in Lützow Ztschr. f. b. K. XXIV S. 14 sowie Graul Sonderabdr. S. 4; die Abbildung des ganzen Gesichts bei Cros et Henry 1. c. p. 23 Fig. 6. Ueber die mit ihr gefundenen Gegenstände vgl. Chabouillet Catal. général (1858) No. 2741-47.

10) Abgeb. farbig bei Pettigrew Hist. of egyptian mummies (1834) pl. VII p. 400 s.

=

11) Abgeb. Gazette archéol. III 24 p. 131 sq. und 244 s. = Cros et Henry 1. c. p. 93 Fig. 21 Kroker Katechismus der Archäologie S. 456. 12) Davon sind vier Köpfe abgebildet bei Cros et Henry 1. c. p. 25 Fig. 7; 27 Fig. 8; 29 Fig. 9 und 95 Fig. 22; vgl. Rougé Cat. du Mus. égyptien 1854 p. 96 ed. nouv. p. 111 (mir nicht zugänglich); Donner Ueber Technisches in der Malerei der Alten 1885 S. 46.

*) Ich konnte davon in München sechsundsiebzig ganze Bildnisse und fünf Bruchstücke eingehend studieren: No. 4 bis 72, 81, 82, 92 (Bruchstück), 95, 96 (zwei Bruchstücke), 97 (zwei Bruchstücke) und 400 (vgl. dazu S. 305); sie bilden die Grundlage des vorliegenden Aufsatzes.

13) Vgl. darüber The illustrated London News 30. June 1888 (Vol. XCII No. 2567) p. 717.

4888.

20

« ForrigeFortsæt »