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ter Männer, durch den Schleyer der Toleranz unsichtbar zu machen suchte. So hörte ich einmal, bey Gelegenheit eines heftigen Ausfalles gegen Basedows polternde Streitsucht und Rechthaberey, über diesen merkwürdigen pädagogischen Reformator ihn Folgendes äußern: „Basedow. ift ein Brummkräusel in der Hand des Schicksals; er muß brummen. Es lebe die Toleranz!“

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Als ich zu Jena in Schillers Wohnung an= fam, wurde mir gesagt, der Herr sey noch beschäf= tigt, werde aber in einer Viertelstunde gewiß zu sprechen seyn. Man führte mich in das Gesellschaftszimmer, wo ein Plan von Rom aufgeschlagen lag.: Mit einem Plane von Rom hat man nirgends Langweile; aber ehe ich noch den kapitolinischen. Hügel erstiegen hatte, that sich schon die Thür des Arbeitskabinetes auf, und Schiller trat mie mit den Worten entgegen: „Eben komme ich von Ihnen her, und freue mich, Sie schon wieder zu finden." Das Räthselhafte der Bewillkommnung löste fich bald. Schiller war gerade mit einer weitläufigen Beurtheilung meiner poetischen

Versuche für die allgemeine Literaturzeitung beschäftigt.

Mein Herz wurde von der lauterften Freude durchdrungen; denn Schiller, welchen ich vier: zehn Wochen früher, zu Ludwigsburg in den Händen der Aerzte, die feinen Zustand mehr als bedenklich fanden, todtenblaß und abgezehrt verließ, stand jekt, nach der Rückkehr aus dem Vater: lande, neukräftig und blühend vor mir da, gleich einem griechischen Heros, der sich zum olympischen Wettkampf anschickt. Er versicherte, nie mit fris scherem Muth und froherer Thätigkeit gearbeitet zu haben, als nach seiner lesten physischen Wiedergeburt. Viel Großes und Herrliches bewegt er nun in der Seele; unter andern den Plan zu einem Trauerspiele, dessen Gegenstand die Belagerung von Malta durch die Türken seyn wird. An diesem bichterischen Vorhaben scheint er mit mehr als ge= wöhnlicher Liebe zu hangen; denn wenigftens drey= mal kam er in unfern Abendgesprächen darauf zurück.

Wäre die schöne Sitte nicht untergegangen,

nach jeder dankwürdigen Genesung, Hygieas Altåre zu bekränzen, gewiß würde dann, an allen Orten, wo der Name des Sdngers der Gotter Griechenlands mit Stolz oder Freude genannt wird, jego kein Altar der rosenwangigen Göttin, und hätte sie deren tausend, ohne Blumenopfer gefunden werden.

Bis Nürnberg, wo ich mir einen Ruhetag erlaubte, wurde die Reife nun ohne Unterbrechung fortgesett; denn ich sehnte mich das Land wieder zu betreten, deffen Glückseligkeit, trok der Erdbeben und Vulkane, welche die benachbarten Reiche verheeren, noch immer unerschüttert steht, wie feine Berge. Schwerlich hat jemals ein geborner Schweizer mit lebhafterer Ungeduld sich in den Schooß der Alpen zurückgewünscht, als ich Nordländer, bey deffen Geburtsorte Windmühlenhügel die beträchtlichsten Hdhen sind, und auf dessen -Vorliebe für Tells und Winkelrieds Heimath unausli schliche Jugendeindrücke und lange Gewdh= nung keinen Einfluß haben konnten. Das Steinpflaster der ehrwürdigen alten Stadt Nürnberg

wurde glühend unter meinen Füßen, und ich be= neidete dem Vogel seine Schwingen, der darüber hinflog.

Mit Mühe widerstand ich der Versuchung, schon in Bamberg, dessen freundliche Lage mich anzog, einen Tag auszurasten. Ich hätte dadurch auch den Vortheil erlangt, in dem Hofrath Markus, welchem unsere gemeinschaftliche Freundin Eleo= nore von Kalb mich schon vorläufig empfohlen. hatte, einen unvergeßlichen Bekannten zu gewinnen. Dieser verdienstvolle Mann, deffen die ganze Ge= gend sich als eines höchst erfahrenen und geschickten Arztes erfreut, hat sich, besonders durch die musterhafte Organisation des bambergischen Krankeninstituts, welches der nicht immer blinde Zufall seiner Verwaltung übergab, die Achtung und den Beyfall aller wahren Philanthropen er= worben. >

Sogleich nach meiner Ankunft in Nürnberg ging ich zum Professor Sattler, der von mehr als Einer vortheilhaften Seite in der Schriftsteller: welt bekannt ist, und dessen ausgezeichnete Ver:

dienste um die Bildung und Läuterung des literarischen Geschmacks der nürnbergischen Jugend von seinen Mitbürgern einstimmig anerkannt wer: den. Er hatte die Güte, mich in die Aegidienkirche zu führen, um van Dyks Abnehmung vom Kreuze zu sehen, welche von Kennern für das vorzüglichste Gemålde Nürnbergs erklärt wird. In dieser großen und edeln Komposition rührte mich das müde geweinte, mit einem unbeschreiblichen Ausdrucke des Schmerzes auf den Todten hingehef= tete Auge der Mutter am lebhaftesten. Die kleine geflügelte, allerliebste Figur, welche, mit Thrd= nen im Blicke, die Hand des Leichnams ergreift, foll, allem Vermuthen nach, einen Engel vorstel= len; aber es ist kein Engel, sondern Anakreons von einer Biene verwundeter Amor, so schön und lieblich, als er nur immer der Einbildungskraft des tejischen Greises vorgeschwebt haben mag. Hat je eine Gemäldefigur ihre rechte Stelle verfehlt, so ist es wol diese.

Ich konnte unmöglich die Vaterstadt Albrecht. Dürers verlaffen, ohne wenigstens einige seiner

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