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28 Philosophie unter den Scholastikern. dies möglich ist, wird uns anschaulich durch das Beispiel unserer eigenen Natur. Denn was unsere Intelligenz durch reine Thätigkeit des Denkens in sich selbst entwi ckelt und hervorbringt, das hält sie in sich fest, während sie es zugleich durch gewisse Zeichen außerlich darstellt *).

Die ganze Stufenfolge von Wesen, die von dem Höchsten an bis zu dem niedrigsten Statt findet, läßt sich ihrem Umfang und ihren Grenzen nach dadurch angeben, daß Alles, was Realität hat, entweder bloß theilnehmend ist, oder dasjenige ausschließlich ist, woran theilgenommen wird, oder daß es beide Charaktere in sich vereinigt. Das Erste gilt von den Dingen, welche in der naturlichen Ordnung die untersten sind. Dies sind die zusammengesekten sinnenfälligen Körper, die Nachbilder der einfachen unsichtbaren idealen. Sie nehmen bloß Theil an dem Seyn des Hoheren, während kein reales Ding weiter durch Theilnahme an ihnen subsistirt; denn die Schatten dürfen nicht unter die subsistiren den Dinge gerechnet werden. Das Zweite gilt von dem absoluten Urquell jeder Realität. Das Uebrige, was zwischen dem Urprincip und den Körpern in natürlichen Abstufungen oder Graden, welche die göttliche Weisheit angeordnet hat, in der Mitte sich befindet, ist ebensowohl theilnehmend als mittheilend 2).

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tenebraeque suae excellentiae semper absconditae in effectibus suis veluti in lucem quandam cognitionis prolatae non cessant apparere.

1) 1. c.

2) 1. c. III. p. 102.: omne, quod est, aut participans, aut participatum, aut participatio est, aut participatum participans, etc.

Wie aus der Quelle ein Fluß entspringt, in dessen Bette das Wasser, welches von der Quelle gespendet wird, in die fernsten Weiten hin sich erstreckt und rastlos strdmt, so fließt die göttliche Gute und Wesenheit, die Weisheit und das göttliche Leben und Jegliches, was in dem Urs quell des Universums ist, zuerst in die ursprunglichen Grundursachen und verleiht diesen ihr Daseyn. Dann ergießt es sich vermittelst der Grundursachen in die Wir kungen derselben auf eine unaussprechliche Weise nach der festgesekten angemessenen Ordnung des Seyns, indem es immer vom Hdheren zum Niedrigeren gelangt, bis es endlich durch die geheimsten Poren der Natur mit dem verborgensten Gange zu seiner Quelle zurückkehrt *). Von dert her rührt das Gute, das Wesen und Leben, die Empfindung, Vernunft und Weisheit, jede Gattung und Art, jede Fülle, Ordnung, Einheit und Gleichheit, jede Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit, der gesammte Raum und die gesammte Zeit, Jegliches, was entweder wahr genommen und gedacht wird, oder was für Sinn und Verstand zu hoch ist. Die unveränderliche Bewegung und einfache Vervielfältigung, welche von dem Hochsten und einzig wahren Guten ausgeht, in ihm erfolgt und auf dasselbe zurückgeht, ist die Ursache von Allem oder vielmehr ist selbst Alles. Denn das Uebrige, wovon man sagt, es existire, ist die Erscheinung dieses Unnennbaren, welche nur in ihm ihre Subsistenz hat. Gott ist daher Alles, was wahrhaft ist, weil er, wie der heilige Dionysios sagt, Alles macht und in Allem wird. Was wir durch Wahrnehmung und durch Denken auffassen, ist nichts Anderes, als die Erscheinung des nicht Erscheinenden, die 1) 1. c. p. 103.

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Offenbarung des verborgen Bleibenden, die Bejahung des sen, von dem Jegliches verneint werden muß, das Begrei fen des Unbegreiflichen, das Sich: Aussprechen des Une aussprechlichen, die Annäherung des Unnahbaren, der Körper des Unkdrperlichen, das Wesen des Ueberwesentli chen, die Gestalt des Gestaltlosen, u. s. w. Wie wenig Hierin ein Widerspruch liegt, dies erhellt auch durch das Gleichniß unseres Verstandes. Obgleich er an sich unsicht bar und unerkennbar ist, offenbart er sich dennoch vers mittelst gewisser Weisen der Aeußerung und wird in ihnen erkannt. Während er in sinnenfälligen Zeichen gleichsam . verkörpert nach außen hin sich darstellt, bleibt er innerlich verborgen. Indem er unsichtbar ist, wird er geses hen, und während er gesehen wird, ist er unsichtbar *).

7. Im Worte Gottes oder in der idealen Welt sind also die Ideen sowohl des Sinnenfälligen als des Denk= baren ewig enthalten 2). Der Mensch ist in dieser idea=

1) 1. c. p. 103. u. 104. vergl. p. 108. u. 127. Die Bedeutung des Dogma, daß die Welt aus Nichts von Gott geschaffen sey, erklärt Erigena hiernach folgendermaßen, 1. c. p. 127.: ineffabilem et incomprehensibilem divinae naturae inaccessibilemque claritatem omnibus intellectibus sive humanis, sive angelicis incognitam eo nomine (scil. nihili) significatam crediderim, quae dum per se ipsam cogitatur, neque est, neque erat, neque erit. In nullo enim intelligitur existentium, quia superat omnia. Cum vero per condescensionem quandam ineffabilem in ea, quae sunt, multis obtutibus inspicitur, ipsa sola invenitur in omnibus esse, et est et erat et erit. Dum ergo incomprehensibilis intelligitur, per excellentiam nihilum non immerito vocatur. 2) 1. c. p. 107.: totius igitur creaturae universitatem aeternam esse in verbo dei manifestum est. Dies

len Welt oder in der Reihe der ursprunglichen Ursachen nach dem Ebenbilde Gottes gemacht. In ihm sollte die intelligible und die sinnenfällige Creatur, aus welchen beiden Gegensäßen er zusammengesekt und gebildet wors den, ein Untrennbares seyn, so daß er als der Mittelpunct und der Vereinigungspunct des Geschaffenen das stehe *). Hätte er nicht gesundigt, so wurde in ihm keine Trennung der Geschlechter sich finden, sondern er wurde bloß Mensch seyn. Nicht wurde in ihm der Erdkreis von dem Paradies sich abgesondert haben, sondern die gesammte irdische Natur wäre in ihm Paradies. Himmel und Erde würden sich in ihm nicht geschieden haben, sondern er ware ganz himmlisch. Nichts Irdisches, Schweres und Körperliches würde an ihm erscheinen. Er würde existiren und zu der von seinem Schopfer ihm

macht Erigena durch folgendes Gleichniß anschaulich: huic conclusioni contradicere non valeo, dum sine ulla ambiguitate considero omnes numeros in monade et omnes lineas in centro aeternaliter et uniformiter subsistere. Et quamvis actu et opere numerantis et lineantis in varias numerorum species figurasque formentur, semper tamen in principiis suis, in monade dico et centro, uniformiter permanent nec unquam sine eis principia intelliguntur fuisse, nec in ipsis principiis fieri inchoasse, et dum ab eis multipliciter profluunt, uniformi tamen ratione aeterno atque incommutabili statu in eis esse non desinunt.

1) 1. c. II. p. 48-51.: Ad hoc igitur quintum ex praedicti magistri (Maximi) sermonibus datur intelligi, inter primordiales rerum causas homo ad imaginem dei factus est, ut in eo omnis creatura et intelligibilis et sensibilis, ex quibus veluti divisis extremitatibus compositus, unum inseparabile fieret et ut esset medietas et adunatio omnium creaturarum.

bestimmten Zahl sich vervielfältigen, so wie die Engel existiren und vervielfältigt werden. Die sinnenfällige Natur wurde in keinem fremden Unterschiede von der intel: ligibeln an ihm hervortreten. Denn er würde ganz eine reine Intelligenz seyn, die stets und unveränderlich ihrem Schdpfer anhinge und auf keine Weise aus den ursprunglichen Ursachen herausginge, in denen sie geschaffen ist. Aber der erste Mensch unterließ es, in einer solchen Gluckseligkeit sich zu erhalten. Durch Stolz sank er aus ihr heraus und seine Einheit zerfiel in die unendlichen Eintheilungen und Verschiedenheiten der menschlichen Natur. Da nahm die göttliche Gnade die Gestalt eines neuen Menschen an, in welchem die in dem alten Menschen zerstreute Natur zur vorigen Einheit zurückgeführt werden sollte; sie beschloß in der Welt aus der Welt, d. h. als Mensch von Menschen um der Menschen willen geboren zu werden *).

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Die Vernunft überzeugt uns davon, daß uberhaupt die Welt nicht hervorgegangen wäre in der Mannigfal tigkeit der sinnenfältigen Arten und in den Verschieden= heiten ihrer vergänglichen. Theile, wenn nicht Gott vorausgesehen hatte, daß der erste Mensch fallen und die ursprungliche Einheit seiner Natur verlassen wurde. Zufolge der Sunde erfolgte der Sturz des Menschen von dem Geistigen zum Korperlichen, vom Ewigen zum Zeitlichen, vom Unvergänglichen zum Hinfälligen, vom Hichsten zum Niedrigsten, von einem spirituellen Wesen zu einem thierischen, von einem einfachen Wesen

1) 1. c. p. 51.

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